Der kleine Marin wird noch ein ganz Großer
Mönchengladbachs Mittelfeldspieler hat das Verpassen der EM überwunden und arbeitet noch konsequenter an seinen DefizitenMönchengladbach - Hanteln hat er sich noch nicht besorgt. Sagt Marko Marin. Er will ja nicht breiter werden, sondern ein bisschen kräftiger. Schließlich waren seine körperlichen Defizite ein Grund, warum Bundestrainer Joachim Löw den kleinen Mittelfeldspieler von Borussia Mönchengladbach nicht mit zur Europameisterschaft genommen hat. Derlei Defizite sollen nun durch tägliche Konditionsübungen kompensiert werden.
Wer in diesen Tagen allerdings beim Training der Gladbacher genau hinschaut, merkt sehr wohl, dass Marin neue Akzente setzen will. Immer häufiger schlägt er die Flanken mit seinem linken Fuß. "Ich bin jetzt beidfüßig", sagt der 19-Jährige mit keckem Grinsen. Schon in der Vorsaison verließ er bisweilen seine angestammte rechte Spielfeldseite, doch die Ausflüge waren selten von Erfolg gekrönt. Künftig kann er für weitere Überraschungsmomente sorgen.
Neulich hat er dann mal wieder das gemacht, was alle von ihm erwarten. Im Testspiel gegen Arminia Bielefeld, der ersten kleinen Standortbestimmung in der Saisonvorbereitung des Bundesliga-Aufsteigers, schnappte er sich im Mittelfeld den Ball, degradierte ein paar Gegner zu Slalomstangen, übersprang zwei grätschende Beine und schloss den Angriff mit einem Tor ab. "Das hat Spaß gemacht", sagt Marin, bei dem das Verpassen der EM keine negativen Spuren hinterlassen zu haben scheint. Im Gegenteil.
Nur ein paar Tage sei er traurig gewesen, sagt er, dann habe er sich wieder über seine äußerst erfolgreiche Saison gefreut und sein erstes Länderspiel. "Besser ging es doch nicht", sagt Marin, der in 31 Zweitligapartien 13 Torvorlagen und in der Rückrunde auch vier Treffer zum Gladbacher Erfolg beisteuerte. Sollte wirklich Frust aufgekommen sein, dann hat er ihn geschickt umdribbelt.
Der Hesse scheint durch die Erfahrungen im Frühsommer reifer geworden zu sein, geduldig stellt er sich jetzt allen Fragen. Er sagt, dass er sich mit guter Leistung für weitere Länderspiele anbieten will. Und seine Perspektiven sind sehr gut. Löw kündigte bereits an, dass Marin ein Kandidat für die anstehende Qualifikation zur WM 2010 in Südafrika sei.
Sein Vereinstrainer war ohnehin erleichtert, dass sich sein Schützling nicht den ganzen Juni bei der EM abquälen musste. "Wegen seiner körperlichen und mentalen Vorraussetzungen wäre die EM für ihn zu früh gekommen", sagt Jos Luhukay, der jetzt mit Wohlwollen zuschaut, wie Marin schon in der Vorbereitung vor Spielfreude sprüht und ihm alles scheinbar mit Leichtigkeit vom Fuß geht. Sein Defensivverhalten will Marin nun noch weiter verbessern, dabei aber auch künftig viel Risiko in den Offensivaktionen zeigen. "Das gehört doch zu meinem Spiel dazu", meint Marin. "Marko wird seine Entwicklung fortsetzen, auch wenn sich die Gegner auf sein Spiel einstellen werden", sagt Gladbachs Sportdirektor Christian Ziege.
Die Sorge, dass der selbstbewusste Jungstar abheben könnte, haben sie in Gladbach nicht. Luhukay will und wird ihn auch weiterhin bremsen, mit dem 30 Jahre alten Teamkollegen Sascha Rösler, mit dem sich Marin in Trainingslagern auch ein Zimmer teilt, hat ihm der Coach einen Aufpasser an die Seite gestellt. Selbst alle Meldungen, nach denen sich Europas Top-Vereine um Marins Dienste bewerben, scheinen an ihm abzuprallen. "Davon habe ich gehört, aber ein Wechsel ist für mich überhaupt kein Thema", sagt der 19-Jährige, der zwar mittlerweile aus dem Gladbacher Nachwuchsinternat in eine eigene Wohnung gezogen ist, aber noch bis 2010 am Niederrhein unter Vertrag steht.
Er will erst mal mit einem weit verbreiteten Irrtum aufräumen: Er ist nämlich gar nicht so klein, wie alle glauben. 1,68 Meter Körpergröße geben die meisten Quellen für Marko Marin an, doch er selbst hat 1,70 Meter gemessen, wie er kürzlich beim Chat mit Fans schrieb - "ohne Absätze". Vielleicht ist er ja gewachsen.
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